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09.05.2015
Kategorie: Punktspiel, 1.Mannschaft, 2014/2015
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Von: Lenny

36 - SSV Jahn Regensburg (A)


Der Chemnitzer FC wartete bis zur allerletzten Minute, um in jener dann eiskalt zuzuschlagen. Stenzel schlenzte und sorgte damit für den 1:0-Auswärtserfolg beim bereits abgestiegenen SSV Jahn Regensburg. Überraschend viele himmelblaue Anhänger tanzten und sangen im Regen, zum Anpfiff gab es zudem eine kleine Pyro-Einlage. Die Regensburger Anhänger präsentierten eine Vielzahl an Spruchbändern.

 

Für den Chemnitzer FC geht es nur noch um die berühmte „goldene Ananas“ – für die „Fanszene Chemnitz“ wiederum darum, die Saison gemütlich ausklingen zu lassen. Aus eben diesem Grund wurde an diesem sonnigen Samstag die Kneipe in unmittelbarer Nähe zum Gästebereich in Beschlag genommen. Die ersten trudelten 10:30 Uhr ein, der Rest im Anschluss, über 100 himmelblaue Anhänger waren final dem Aufruf gefolgt. Und bestellten Pils, Weizen und andere Getränke. Die Speisekarte wurde zudem sicherlich einmal komplett gegessen. Von bayerischen Spezialitäten bis zu vegetarischen Speisen kam jeder Gaumen auf seine Kosten.

 

Der Mob machte sich 45 Minuten vor Spielbeginn auf, um - so oder so - ein letztes Mal im altehrwürdigen Jahnstadion zugegen zu sein. Das vor 89 Jahren erbaute „Stadion an der Prüfeninger Straße“, so wie es auch gern genannt wird, muss, wie bei unzähligen anderen Beispielen, einem neuen, modern Stadion weichen. Das 53 Millionen Stadion wird im Sommer gegen den FC Augsburg eingeweiht, anschließend sieht es Viertliga-Fußball und begrüßt Gäste aus Schalding-Heining und Illertissen sowie diverse zweite Mannschaften.

 

Im weitläufigen Gästeblock verteilten sich insgesamt – ein mehr als respektabler Wert dafür, dass es um nichts mehr geht – 583 Chemnitzer; die „Fanszene“ bevölkerte den gut beflaggten Mittelblock mit großen und kleinen Bannern. Seit langem mal wieder mit von der Partie: „Carabinieri Vaffanculo“. Dazu die üblichen Schwenkfahnen, die ein hübsches Bild abgaben. Dazu stieg wie aus dem Nichts eine schwarz-weiße Rauchwolke empor, welche vom Wind in Richtung Spielfeld getragen wurde. Derweil sang man sich ein – und setzte das in der Folgezeit ordentlich fort. Anschließend gab es jedoch ab und an leisere Momente und stille Phasen, was unter anderem daran lag, dass die Gegenseite keine Paroli bot; stattdessen präsentierten die „Ultras Regensburg“ en masse Spruchbänder und damit die „Die Highlights der Saison:“ – In den Hauptrollen: Christian Keller (C. K.), der für den Jahn-Präsident Hans Rothammer „unverzichtbar“ ist, wie er jüngst in einem Interview mit Nachdruck betonte. Dazu gesellen sich der Vereinsvorsitzende Joachim Wolbergs (J. W.) sowie der Ex-Torwart Stephan Loboue (S. L.) und Neu-Coach Christian Brandt (C. B.). Die letzten drei konnten allesamt mit einem Zitat glänzen.

 

C. K.: „Platz 6.-10: Ich verspreche allen Jahnfans eines: Wir werden eine bessere Mannschaft als in der vergangenen Saison.“

C. K.: „Es wird der Tag kommen, da werden die Fans sehen, dass es sich gelohnt hat, ab und zu auch mal eine Talstrecke zu durchschreiten.“

J. W.: „Auf der Grundlage der Neuverpflichtungen schaffen wir den Verbleib in der 3. Liga.“

S. L.: „Was die Fans machen, interessiert mich Null. Das sind alles Asoziale.“

C. B.: „Ich habe keine Fans im Gästeblock gesehen, nur Kriminelle.“

C. K.: „Abgerechnet wird nach 38 Spielen. Dann werden wir einen einstelligen Tabellenplatz erreicht haben.“

C. K.: „Aber ich bin dafür letztendlich dafür verantwortlich."

C. K.: „Unsere Partner sollen wissen: Was wir versprechen, halten wir.“

 

Dazu gab es stillen Protest. Die Ganze Zeit über. Die großen Versprechungen und die damit hervorgerufenen großen Erwartungen sind im Keim erstickt worden. Der Haussegen hängt gewaltig schief beim Verein mit der „roten Laterne“…

 

Im umfangreichen Ein-Euro-Programmheft schleimte sich der Verein bei den Unentwegten ein, die sich nach Halle aufgemacht hattenen und dort schließlich eine – wenngleich knappe – 1:2-Niederlage ansehen mussten, die damit rechnerisch den Abstieg besiegelte, und lenkten damit vom unübersehbaren Problem, das zwischen allen Fans, nicht nur den Ultras und ihren Unterstützern, und Vereinsverantwortlichen besteht, ab. Vor dem Spiel wurden ebenso in einem neutralen Block die Spruchbänder „Sportliches Desaster - Keller raus!“ und „Sportliche Leitung ohne Keller!“ gezeigt. Weiterhin fielen im Stadionrund immer wieder A4-Zettel mit Aufschrift „Keller Raus!" auf. Und wenn es nach einigen Jahn-Anhängern geht, ist das ganze filmreif. Via Doppelhalter wurde verkündet: „Demnächst im Kino: Keller, Rothammer, Wolbergs in: Die Drei ??? und der Realitätsverlust.“

 

Der mittlerweile auf dem siebten Platz stehende Chemnitzer FC trug damit die Favoritenrollen und wurde dieser in der ersten Halbzeit nur selten gerecht. Aus einem Fink-Eckball resultierte die erste gefährliche Chance, die Ziereis – eine von drei Veränderungen in der Startformation – hatte. Seinen Schuss konnte der Jahn-Schlussmann über den Kasten, zur nächsten Ecke, lenken. Weiterhin spielten Röseler und Kehl-Gomez von Beginn an. Sonderlich in Erscheinung traten alle drei aber nicht.

 

Die Gastgeber mühten sich und profitierten dabei von himmelblauen Fehlern. Die Führung sollte ihnen aber letztlich nicht glücken, weil entweder Pentke oder das eigene Unvermögen im Weg standen. Dementsprechend ging es torlos in die Pause. Auch weil Löning einen Ball via Volleyschuss knapp über die Kiste drosch.

 

Die zweite Halbzeit leitete der Gästeblock mit dem Spruchband „Spoczywaj w Pokoju, Dawid - CHWDP!" („Ruhe in Frieden, David - ACAB!“) ein, um den in Polen bei Ausschreitungen, die beim Fünftligaspiel zwischen Concordia Knurów und Ruch Radzionkow stattfanden, ums Leben gekommenen Fan die letzte Ehre zu erweisen. Ein Polizist schoss mit Gummischrott auf den bereits den Ort des Geschehens verlassenen Concordia-Fan Dawid, der anschließend im Krankenhaus seinen Verletzungen am Hals unterlag. Zahlreiche Fanszenen gedachten deutschlandweit dem Verstorbenen. So auch die Regensburger, welche aus den Spruchbändern die Buchstaben-Kombination „CHWDP“ am Zaun befestigten.

 

Auf dem Feld blieb Regensburg das bessere Team, mit den besseren Chancen. Die zur Pause eingewechselten Mauersberger und Cecen konnten dem faden himmelblauen Spiel keinerlei Impulse setzen. In der 75. Minute kam erst ein heftiger Regenschauer, den der Gästeblock zur Schalparade nutzte, danach Ofosu in die Partie. Und wenn man so will damit die schmeichelhafte Entscheidung. Er zieht dynamisch nach innen und bevor er sich gegen zu viele Gegenspieler verzettelt, gibt er Ball – und auch die Verantwortung – zu Stenzel ab, der Maß nimmt und mit einem traumhaften Schlenzer aus 20 Metern in der 92. Minute das Tor des Tages erzielt. Anschließend jubelte er mit einem „Nuckel“-Gruß, der Danneberg galt, welcher erstmals Papa geworden ist. Dazu wurde das Trikot mit der Nummer 13 in die Höhe gehalten – Eine feine Geste.

 

Nach Tor und Abpfiff schallte es lautstark aus dem Gästeblock: „Holt uns den Pokalsieg!“. Am kommenden Mittwoch trifft der Chemnitzer FC auf den FSV Zwickau. Gespielt wird im Zwickauer „Sojus“, das frühzeitig ausverkauft gewesen ist. Die letzten drei Begegnungen im Sachsenpokal konnte der Chemnitzer FC jeweils für sich entscheiden. Wenn es zum vierten Mal in Folge gelingt, steht dem achten Erfolg im Landespokal nichts im Weg… Avanti FC Karl-Marx-Stadt!


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