< 4. Testspiel Winterpause: BSC Rapid Chemnitz

02.02.2013
Kategorie: 2012/2013, 1.Mannschaft, Punktspiel
Gelesen: 3090
Von: Lenny

24 - FC Hansa Rostock (H)


Der Chemnitzer FC startet mit einem Sieg in das Fussballjahr 2013. Im Ostderby setzten sich die Himmelblauen vor 6.400 Zuschauern auf der heimischen Fischerwiese mit 2:1 gegen den FC Hansa Rostock durch. Den Rückstand drehte das Sturmduo Förster und Fink innerhalb von fünf Minuten in der zweiten Halbzeit, auf die Südkurve spielend, um. Auch wenn zum Schluss, wie sie oft, noch etwas gezittert werden musste, geht der Sieg in Ordnung. Die Kogge wurde damit versenkt – und wir winken und singen dazu: „Hej, wir sind Chemnitz…“

Das Spiel wird auf jeden Fall stattfinden, das war schon einmal klar. Das „Suptras“ und Co. den Gästeblock mit 2.000 Leuten ausverkaufen werden, war auch klar. Das allerdings keine 5.000 himmelblaue Anhänger den Weg ins Stadion an der Gellertstraße finden, um das Ost-Derby zwischen ihrem Chemnitzer FC und dem FC Hansa Rostock zu verfolgen, ist etwas enttäuschend, hat aber zwei Gründe, die nicht unausgesprochen bleiben dürfen: Zum einen kehrten Kälte und Schnee wieder zurück, zum anderen propagierte die „Chemnitzer Morgenpost“ am Tag vor dem Spiel folgende Schlagzeile auf ihrer boulevardesken Titelseite: „Chemnitz zittert vor 2.000 Hansa-Hools – Sie haben schon Erfurt, Bochum und St. Pauli zerlegt!“ – Die Medien hysterisierten und die Polizei reagiert dementsprechend darauf – und die Nicht-Fussball-Welt ist schockiert und fassungslos.

Besondere Spiele erfordern besondere Maßnahmen. Da waren sich – egal ob Ultras, Presse und Polizei – einig. Wenn Hansa anreist, kommt auf alle viel Arbeit zu.

Samstag, 9 Uhr, Fanhalle. 60 ultraorientierte Herren und einige wenige Damen versammelten sich zum Frühstück und wurden kritisch von Dienern des Staates beäugt, ein belegtes Brötchen sowie Obst und Gemüse oder Kaffee, Tee oder Bier bekamen diese aber nicht, schließlich hatten diese Punkt 11:11 Uhr ein Date mit dem Sonderzug aus Rostock. Rund um den Hauptbahnhof war alles in Polizeihand. Da vom städtischen Busbetrieb aufgrund der Tatsache, da sowohl gegen Rot-Weiß Erfurt als auch gegen Dynamo Dresden Scheiben zu Bruch gegangen waren, keine Busse zur Verfügung gestellt wurden, mussten die 1.000 Sonderzugreisenden infolgedessen zu Fuß zum Stadion eskortiert werden – und dieser Weg, wer ihn kennt, der bietet vor allem: allerhand Angriffs- und Ausbrechmöglichkeiten, besonders dann, wenn erfahrene Hasen mit unterwegs sind. Und Rostock hat genügend davon. Die Route begann auf der Straße der Nationen und führte an der „Sachsenallee“ vorbei, welche – laut Augenzeugen – von 200 sportlichen Jungs gestürmt wurde. Ferner knallte es kurz vorm Gästeblock. Und nicht zuletzt soll es gar kleine hanseatische Gruppen, die extern angereist waren, gegeben haben, die sich u.a. frei über Brühl und Sonnenberg bewegen durften und sich an einigen Autos vergriffen. Unterm Strich: Man kann machen, was man will, wenn die unberechenbare Hansa-Fanschar kommt, herrscht immer ein Ausnahmezustand, wo mit dem Schlimmsten gerechnet werden muss, was aber nicht immer zwangsläufig eintreten muss. Wie an diesem Tag. Es wird nie so heiß gegessen, wie es gekocht wird…

Auch beim Support kann man gegen die Rostocker Jungs entweder freiwillig den Schwanz einziehen oder zumindest versuchen, erhobenen Hauptes in den Kampf zu gehen und sein Bestes zu geben. Die „Ultras Chemnitz“ riefen deswegen zum Jahresauftakt zu der Aktion „Supporter aller Blöcke vereinigt Euch!“ auf, welche von einer beachtlichen Anzahl von Leuten in Anspruch genommen wurde – und das war auch gut so, weil die Gäste hinter ihrem chic beflaggten Block, initiiert von zwei Capos, sofort auf den Putz hämmerten, sprich: lautstark – und das mit einer dezent hohen Mitmachquote – Krawall machten. Allerdings – und da sei vorab gesagt – war es bei weiten nicht so stark, wie erwartet. Auch hinsichtlich des Einsatzes von pyrotechnischen Erzeugnissen waren die Gäste ungewohnterweise recht sparsam. Auf dem Bahnhof muss es wohl geraucht haben; zudem erblickte Anfang der zweiten Halbzeit eine blaue Rauchbombe das Licht der Welt. Und das war es dann auch schon. Sehr zum Leidweisen der angereisten Hopper-Elite, die sicherlich mit einigem gerechnet hatte, schlussendlich aber irgendwie enttäuscht wurde. Das, was sich Presse und Politik gewünscht haben, ein Spektakel, so wie zuletzt in Leverkusen, als die Eintracht aus Frankfurt mal wieder alle Register zog, blieb aus, wenngleich vor dem Gästeblock ein Rollstuhlfahrer mit Sturmhaube sein Unwesen trieb und damit für ein amüsantes Bild sorgte. Es war sicherlich ein brisantes ostdeutsches Duell, welches am Ende aber dann doch nicht das versprach, was sich viele erhofften. Und das hatte zwei Hauptgründe: Zum einen haben die Hanseaten in der Vorwoche ihre geliebte Südtribüne wiederbekommen und diese direkt mit der unmissverständlichen Botschaft „Den Kritikern getrotzt – die Südtribüne durchgeboxt“, die von einem Fighter umrahmt wurde, eingeweiht. Es wäre folglich fatal gewesen, im nächsten Spiel sofort wieder zu alter Stärke aufzulaufen und damit diese Errungenschaft direkt aufs Spiel zu setzen. Zudem wissen die Rostocker ganz genau, wer auf sie im und vorm Block in Karl-Marx-Stadt aufpasst. Wer sich nicht an die Regeln hält, weiß, welche Konsequenzen blühen.

In der „Südkurve“, die aufgrund des Aufrufs besser als sonst gefüllt war, hingen seit langem wieder die Banner richtig herum, ferner wurden zum Einlauf der Teams ebenso Fahnen und Doppelhalter in den Block genommen. Es war ein gutes Bild, welches Sicht da zeigte, allerdings trübte dieses sich, als durchsickerte, dass die kleine Schwenkfahne „Vom Rhein bis an die Neiße!“ am Eingang mit der Begründung, dass zu dieser noch ein zweiter Teil gehöre, der im Stadion nicht präsentiert werden darf, aus den Verkehr gezogen wurde. Nur gibt es überhaupt keinen zweiten Teil, so dass die Begründung schlichtweg an den Haaren, sofern die Ordner welche gehabt haben, herbeigezogen wurde. An dieser Stelle spreche ich mich ein weiteres Mal ausdrücklich für feste Fahnenkontrolleure aus, die zum einen wissen, welche Fahnen im Stadion hängen bzw. geschwenkt werden dürfen, und zum anderen, wer diese in den meisten aller Fälle mitbringt. Mit solch einem Vorgehen würde man sowohl Zeit und Diskussionen sparen als auch Vertrauen aufbauen, was der gegenwärtigen Lage etwas mehr Auftrieb geben würde. Das Treffen von Verein und führenden Leuten der Szene vor Weihnachten sorgte zwar für das Entfachen einer neuen Flamme, die jedoch langsam aber sicher wieder auszugehen scheint. Wenn man so will: Zum Glück ist nächste Woche wieder ein Auswärtsspiel…

Doch bevor die Reise an einem wunderschönen Freitag zu Wehen-Wiesbaden geht, musste die Hansa-Kogge versenkt werden. Nicht mit an Bord war Kegel, der eigentlich in Darmstadt seine Gelbsperre absitzen wollte, nur machte ihm die Absage einen Strich durch die Rechnung. Und irgendwie merkte man, dass unser Mittelfeldstratege fehlte. Die Himmelblauen, im 4-4-2-System spielend, hatten mehr von der Partie und einige gute Chancen, die beste vergab Landeka, als er keine fünf Meter vor dem Tor stehend am Hansa-Schlussmann scheiterte. Hansa agierte unterdessen mutlos. Auf den Rängen herrschte akzeptable Stimmung, mehr allerdings wirklich nicht.

Nach dem Seitenwechsel traf der Gast nach einem Freistoß und kam wie die Jungfrau zum Kind zu einer unverdienten Führung. Weilandt schob nach Stellungsfehler von Birk ein und ließ Pentke dabei nicht den Hauch einer Chance. Wundertoll, wie aus dem Nichts der Rückstand. Und nun, guter Rat ist in solchen Augenblicken schweineteuer, vor allem dann, wenn 2.000 Gästefans kollektiv durchdrehen. Die Südkurve kämpfte so gut es ging dagegen an – und versuchte ihrem Team die nötige Unterstützung zu geben. Dass es gegen die defensiven Hanseaten schwer wird, wusste man, dass es aber nicht unmöglich ist, ebenso. In der 68. Minute erspielte die individuelle Klasse den Ausgleich. Pfeffer setzte sich auf der linken Seiten via Übersteiger durch, flanke präzise in die Mitte, wo Förster, am kurzen Pfosten stehend, die Situation schneller als sein Gegenspieler antizipierte und den Ball in die Maschen drosch. Ausgleich! Auf den Zaun! Weitermachen! Für den Sieg, im Ostderby.

Keine fünf Minuten später zeigte der unsichere Schiedsrichter auf den Elfmeterpunkt der Gäste. Stenzel, der besten Mann, neben Förster und Pfeffer, auf dem Feld, flankte und ein Rostocker wehrte diese mit der Hand ab, zumindest sah dies der Schiedsrichter so. Fink schnappte sich die Pille und schickte den Schlussmann in die falsche Ecke. Das hatte zur Folge, dass das Stadion kollektiv ausrastete und bis zum Schluss die Gäste hinsichtlich der Stimmung in ihre Schranken verwies. Diese meldeten sich zwar ab und an noch zu Wort, rüttelten aber derweil viel lieber am Zaun. Trotz kurzer Drangphase blieb es beim verdienten himmelblauen Sieg.

Das MDR begann anschließend mit der Was-könnte-diese-Saison-alles-passieren-Mathematik. Ich blicke nach vorn, zum nächsten Spiel, gegen Wehen-Wiesbaden und hoffe auf einen Auswärtssieg…

„Das Licht fehlt, diese Nacht fällt,
Kurz vor zwölf, nicht bei Tag.
Die Welt im Ganzen, ganz unten und ganz im Sack.
Die Prognosen sind schlecht, Deine Knöchel sind offen.
Der Verlauf erbärmlich, leises Hoffen,
Das Ganze kann sich hier noch ziehen…

Ohne Begleitung, niemand neben Dir,
Die Akquisen liefen schlecht.
Deine Freunde sind falsch, die Flasche verdammt echt,
Weit entfernt in dieser Nacht,
Von Dialog und Verkehr.
Das Ganze ist wenig edel aber solitär…

Sag mir wie, weit wir gehen.
Lass uns sehen, wie weit wir,
Wie weit wir heute gehen…

Verbissen und verlassen,
In den versifften Gassen.
Solche Geschichten kommen und gehen,
Für eine Nacht die Welt verlassen:
Düsseldorf-Köln, Köln-Düsseldorf, Köln.
Dieser Zug spuckt Dich nicht aus,
Zudem ist dieses Klatschen
Alles, nur kein Applaus…“

Weitere Bilder können hier eingesehen werden: unterwegs-in-sachen-fussball.over-blog.de/article-02-02-2013-chemnitzer-fc-fc-hansa-rostock-2-1-115006974.html


blog comments powered by Disqus