< 08 - FC Hansa Rostock (H)

14.09.2013
Kategorie: Punktspiel, 2013/2014, 1.Mannschaft
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Von: Lenny

09 - 1. FC Saarbrücken (A)


Der Chemnitzer FC macht sich das Leben leider selber schwer. In Saarbrücken erreichte man nach Führung – wie schon zuletzt in Darmstadt und zuhause gegen Rostock – nur ein 1:1-Unentschieden. Pfeffer traf in der 37. Minute, Fischer konterte vor 3.112 Zuschauern postwendend. Am Ende hätte man gewinnen müssen, Chancen waren da, nur fehlte das Glück.

2:23 Uhr weckte mich mit „Don’t look back in Anger“ mein Handy. Ich schaue nicht mit Zorn zurück, sondern vielmehr optimistisch nach vorn, in die Zukunft, auch wenn ich dafür so zeitig aufstehen muss. Aber, für meinen Lieblingsfussball-Verein tue ich das doch gern. Ich esse zwei Brötchen, mit Marmelade und Eiersalat. Ich trinke einen Tee. Meine Reise-Tasche habe ich schon am Abend gepackt. Dadurch konnte ich einige Minuten länger unter der warmen Bettdecke schlummern. Hätte ich gewusst, dass ich drei Minuten zu spät abgeholt werde, hätte ich noch länger, aber, na ja, ist auch egal. Meinen Schönheitsschlaf hole ich einfach nächste Nacht nach.

Wir fahren zur Fanhalle, wo 3:30 Uhr der Treffpunkt ist. Dort stehen auch schon 30 Leute, mit denen ich gemeinsam nach Saarbrücken fahren werde. Die ersten trinken schon wieder Bier, andere immer noch Bier. Sie kamen nämlich, wie ich lauschte, aus dem FX-Bau. Ich könnte so etwas nicht machen. Wir müssen bis 4 Uhr warten, ehe unser Bus vorfährt. Es ist noch dunkel, und es fehlt Licht.
Ich steige ein, weil die Bustür aufging. Ich sitze – wie zu meiner Schulzeit – in der ersten Reihe. Hinter mir sitzen die, die trinken möchten, ganz hinten sitzen die, die trinken müssen. Ich verstehe das nicht. Und ich verstehe auch nicht, wieso wir so zeitig losfahren. Das Navi, welches der Fahrer braucht, um den Weg nach Saarbrücken zu finden, vermeldet, das wir vor 10 Uhr in der Hauptstadt des Saarlands ankommen. Wenn alles nach Plan läuft. Was sollen wir da nur machen?! Im Internet konnte ich lesen, dass unter anderem das Weltkulturerbe „Völklinger Hütte“ dort ist.

Die Zeit bis zum Morgengrauen verreden wir. Wir sprechen, wie sollte es auch anders sein, vorwiegend über Fussball, weniger über Politik. Andere schlafen, andere trinken weiter. Als es endlich hell geworden war, begann ich den zweiten Roman von Clemens Meyer zu lesen. Dieser heißt „Im Stein“ und ist für den diesjährigen Buchpreis nominiert. Der Anfang war ganz vielversprechend. Ein tolles Buch.

Nach der ersten Pause entschloss ich mich dann doch, ein Bier zu trinken. Aus den Boxen des Busses kamen die Lieder der 80er und 90er Jahre. Jemand hatte CDs gebrannt. Ich kannte nur Marusha. Mein Lieblinslied von ihr ist „Somewhere over the rainbow“. Wir kommen wirklich gut voran. Und bei einigen erreicht der Promillespiegel beängstigende  Höhen. Ich möchte dem nicht nachstehen und lasse mich ein bisschen verführen. Hinter mir hat einer, wie er sagte, eine Mischung gemacht. Er nennt sie „Cubi“. Diese hat er in eine Cola-Flasche abgefüllt. Ich trinke mehrere Becher. Es schmeckt mir. Nur weiß ich nicht, nach was es schmeckt, aber empfehlen kann ich dieses Getränk auf alle Fälle.

Die Zeit verging deswegen wirklich schnell. Aber aufgrund diverser Pausen kamen wir am Ende erst 12 Uhr vor dem Ludwigspark an. Vorher veralberten wir aber noch die Polizei. Da unser Bus aus Tschechien kommt, haben wir natürlich kein deutsches Kennzeichen. Die Herren guckten ziemlich komisch, als sie erkannten, wer wirklich in diesem Bus sitzt, nämlich: Wir! Erst ließen sie uns passieren, danach holten diese uns wieder ein und zurück. Wir parken vor dem Gästeblock. Ich stieg aus, weil die Bustür aufging. Danach lief ich zum Imbiss. Ich kaufte mir eine Käsewurst und ein Dosenbier. Beides hat mir gemundet. Mit der Zeit kamen immer mehr himmelblaue Fans am Vorplatz an. Wir begrüßten uns und redeten miteinander. Über dies und das. Als ich ins Stadion ging, regnete es. Das gefiel mir gar nicht. Aber da musste man durch.

100 nimmermüde himmelblaue Schlachtbummler machten sich auf den Weg nach Saarbrücken und wurden, als diese das Ludwigparkstadion, eines der chicsten, da nostalgischsten, Stadien in Deutschland, mit einem Regenschauer willkommen geheißen. 40 davon standen zum Spielbeginn kompakt und fahnenwedelnd hinten ihren Bannern. Der Support, der danach folgte, war, der Mobgröße entsprechend, akzeptabel, allen voran wenn man bedenkt, dass ein neues himmelblaues Lied das Licht der Welt erblickte.
Auf Seite der Saarbrücker Boys standen um die 200 Leute, die ebenfalls nur Fahnen zum Intro wählten und anschließend bei ihrem Support eine hohe Mitmachquote erreichten, der Funke sprang aber nicht auf die anderen Ränge über. Zur zweiten Halbzeit wurde das Spruchband „Ob in Bayern oder an der Saar – Always carry a number! Kennzeichnungspflicht jetzt!“ entrollt. Auch der schönste Freistaat der Republik denkt analog.

Der Kraft-Klub reiste mit der stolzen, aber noch ausbaufähigen Bilanz von fünf Spielen ohne Niederlage zum 1. FC Saarbrücken, der aktuell zu den Problemkindern der Liga gehört. Seit sechs Spielen sind die Herren sieglos, infolgedessen wurde Trainer Luginger entlassen. Das erste Spiel danach wurde verloren. Mit Milan Sasic steht der Nachfolger schon fest, allerdings saß er heute noch nicht auf der Bank, sondern auf der Tribüne und beobachtet sein Team.
Die Rollenverteilung war geklärt – und auf dem Rasen, im Nieselregen, war es der in weißen Trikots spielende Kraft-Klub, bei dem der gesperrte Hensel für Kegel wieder in die Startelf rückte, welcher sofort in die Offensive ging. Pfeffer setzte sich auf der linken Seite durch und flankte zu Fink, dessen Kopfball der Schlussmann dem Knie parieren konnte und direkt auf den Fuß von Garbuschewski legte. Dieser nutze diese sich in der zehnten Minute ergebene Chance ungewohnterweise nicht. Sein Schuss ging aufgrund von Rückenlage über den Kasten.

Die nächste Möglichkeit hatte Bankert nach einem Garbuschewski-Freistoß auf dem Fuß, jedoch war er zu überrascht, so dass er knapp am Pfosten vorbei schob. Saarbrücken fand bis dato nicht statt, die Verunsicherung war deutlich spürbar, denn kaum eine Aktion gelang. Erst ein Eckball sorgte erstmalig für Gefahr, zum Glück ging der Kopfball am langen Pfosten vorbei. Und auch die nächste Chance – Schuss nach Hereingabe – verfehlte das Ziel nur um wenige Zentimeter. Der Kraft-Klub war für einen Moment konsterniert, reagierte aber umgehend. Der erste Versuch von Förster landete an der Latte, der zweite von Fink wurde aus dem Winkel gefischt und zur Ecke geklärt. Aus dieser resultierten der dritte Versuch und der Führungstreffer durch Pfeffer, der, nachdem FCS-Schlussmann Ochs zu kurz abwehrte, aus dem Rückraumabzog und die Lücke fand. Auf dem Feld lagen sich die Akteure in den Armen, im Block hingen ihre Fans auf dem Zaun und ließen Emotionen heraus: „Auswärtssieg!“

Dies war noch nicht verhallt, schon vermeldete die Anzeigetafel das 1:1 durch Fischer, der via Schlenzer von der Strafraumgrenze, nachdem er Stenzel mit einer Finte auf den Hosenboden schickte, den schmeichelhaften Ausgleichtreffer erzielte. Zuvor agierte Mannschaftskapitän Bankert zweimal äußerst unglücklich. Mit diesem Ergebnis ging es in die Halbzeit.

Nach dem Seitenwechsel entwickelte sich ein spannendes Duell, mit Chancen auf beiden Seiten. Den Anfang machten die Gastgeber, Pentke konnte den Schuss aus Nahdistanz abblocken. Im Gegenzug hätte Hensel nach einen Eckball beinahe für die erneute Führung gesorgt. Ein weiteres Mal klärte Ochs in höchster Not. Der Kraft-Klub blieb am Drücker. Freistoß Garbuschewski, Unsicherheit Ochs, Nachschuss Semmer, der für den schwachen Förster nach einer Stunde in die Partie kam. Leider traf er nicht das Tor, sondern die Hand des Schlussmanns. Auf der Gegenseite rettete Pentke nach einem Konter die Seinigen mit einem Harakiri-Vorgehen. Kurz vor Schluss hatten die Himmelblauen eine allerletzte Möglichkeit, die jedoch wiederum von Semmer liegen gelassen wurde.

Die Punkteteilung nützt, wenn überhaupt, den Saarbrückern mehr. Sicherlich ist der Kraft-Klub gegenwärtig seit sechs Spielen ungeschlagen, allerdings sorgen Unentschieden, zuletzt dreimal in Folge ein 1:1, für kein Vorwärtskommen. Nächste Woche gastieren die Kicker aus Stuttgart bei uns. Siege sind schöner und sicherer. Ich bin dafür. 

Ich war der letzte, der zum Bus kam. Vorher übergab ich Saarbrücker Fanzine-Gurus unsere DKZ-Hefte, deswegen dauerte es bei mir länger. Ein Problem stellte es aber nicht dar. Bereits 16:17 Uhr machten wir uns auf die Heimreise. Ich dachte, dass viele sofort den Schlaf finden, nur war dem nicht so.

Es wurde getrunken, gesungen und Schabernack getrieben – und das bis zum bitteren Ende, bis unter die Gürtellinie. Derweil bearbeitete ich die Bilder der Partie, während sich all dies hinter meinen Rücken abspielte. Nachdem ich damit fertig war und die tollen Flugzeuge am Frankfurter Airport angeschaut hatte, tranken wir Rotwein. Erst einen halbtrockenen, dann einen lieblichen. Ich habe nämlich gelesen, dass „In vino veritas“ im Wein liegt die Wahrheit bedeutet. Ich begab mich auf die Suche, wurde aber nicht fündig. Komisch. Zudem wurde viel erzählt und gesungen. Leider kannte ich kein einziges Lied, was gesungen wurde. Der absolute Gassenhauer war „die Hobelbank“, wo Strophen selbst gedichtet wurden. Einiges fand ich kreativ, vieles aber fragwürdig. Die Kritik an Herrn Fichtner kann ich zum Beispiel nicht nachvollziehen.

Nach drei Stunden schwebten wir bei der goldenen Möwe ein, wo die meisten sich mit kleinen Kilokalorienbomben eindeckten. Ich verzichtete und trank weitere „Cubi“-Mischungen, bis diese alle waren. Danach wurde es dunkel und viele mussten dem anstrengenden Tag Tribut zollen und begannen damit, ihren Rausch auszuschlafen. Wir, in den ersten Reihen, blieben munter und vernichteten die restlichen Bierflaschen und Dosen. Kurz vor Chemnitz gründete die Tradition-stirbt-nie-Bande eine Sektion, die auf den Namen „Pangasius-Mafia“ hören wird. Ich kann das nur begrüßen. Und denke selbst über eine nach.

23 Uhr waren wir wieder an der Fanhalle, nicht viel später als manche Autofahrer, wie ich hörte. Als ich zu meinen Freunden gebracht wurde, stellte ich die Bilder online, trank noch ein Bier aus Leipzig und spielte zwei Fifa-Partien auf der Play-Station. Die erste gewann ich im Elfmeterschießen, die zweite verlor ich knapp.

Das war es mit diesem Bericht. Der nächste folgt kommende Woche gegen die Stuttgarter Kickers. Ich werde auf meinem angestammten Platz zu finden sein und wünsche mir, dass wir gewinnen. Wir lesen uns – Ahoi!

„Du strahlst heller als der hellste Stern.
Du strahlst heller als das hellste Licht.

Das böse Buch wird noch gesucht.
Wir lesen es gern,
Vor uns liegt eine Spur, der wir folgen.
Nur wir kommen niemals an.
Man kann sagen: Dringlichkeit besteht immer!

Wir sind wie die Älteren, nur viel schlimmer,
Vor uns liegt eine Spur, der wir folgen,
Nur wir kommen nie sehr weit.

Die Wirklichkeit hat uns vereint,
Trennt uns wieder vor der Zeit..."


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