< Sommertestspiel 8: HB Køge

21.07.2013
Kategorie: Punktspiel, 2013/2014, 1.Mannschaft
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Von: Lenny

01 - VfL Osnabrück (H)


Wir rechneten mit allem, nur nicht damit: Der Chemnitzer FC setzte das erste Spiel der Saison direkt in den Sand. Vor 7.000 Zuschauern unterlagen die Himmelblauen dem VfL Osnabrück sang- und klanglos mit 0:3. Und als ob das nicht schon schlimm genug wäre, verletzte sich Mannschaftskapitän Bankert; zudem flog Rückkehrer Garbuschewski mit einer Ampelkarte vom Platz. Der Sonntag im Sonnenschein war bitter.

Die Testspielzahlen waren, wie eigentlich jedes Jahr, vielversprechend. Fast 100 Tore erzielt, 7 Siege, eine Niederlage, und unterm Strich Leistungen gezeigt, die durchaus sehenswert gewesen sind, wenngleich man den Torfestivals keine Bedeutung schenken darf. Auch die namenhaften Neuzugänge wussten sich in Szene zu setzen. Alle himmelblauen Anhänger fieberten somit dem Saisonauftakt entgegen, die einen euphorisiert, die anderen, die erfahrenen und weniger naiven, waren ebenfalls voller Hoffnung, blieben aber realistisch in Anbetracht der Tatsache, dass mit dem VfL Osnabrück ein Gegner anreist, der alles ist, nur nicht dankbar. Nach dem verpassten Aufstieg gegen Dynamo Dresden brach das Team auseinander, viele gingen, viele kamen, u.a. auch Pelé Wollitz, dem ein youtube-Video zum Verhängnis wurde. Im Sommer übernahm Walpurgis, von den Sportfreunden Lotte verpflichtet, den angeschlagenen Boxer mit neuem Gesicht – und diesen wollten bei strahlendem Sonnenschein 7.000 Zuschauer sehen.

Dazu gehörte auch der Capo der „Ultras Chemnitz“, Walze, der nach dem Halle-Spiel mit einem Stadionverbot belegt wurde. Der aktive Teil der Fanszene versuchte in Zusammenarbeit mit dem Fanprojekt alles, um diejenigen wieder ins Stadion zu bekommen, die sogenannten „weichen Fälle“, die zu Unrecht ausgesperrt worden sind. In mühevollster Kleinarbeit geschah dies, eine Entwicklung, die nach wie vor noch nicht abgeschlossen ist, aber schon erste Erfolge verzeichnen kann. Nicht ganz unerheblich ist dabei die Personalie Lutz Fichter, der im Sommer die Koffer packen musste. Seinen Posten übernahm Sven-Uwe Kühn, der zum einen den Verein seit Jahrzehnten kennt und zum anderen ein offenes Ohr für die Belange der Fans hat. Auch wenn die Schritte klein sind, Verein und Fans nähern sich – und das ist ein gutes Zeichen! Für alle.

Ebenso in der „Chemnitzer Fanszene“ gibt es eine gute Entwicklung zu verzeichnen. Das, was letzte Saison geschehen ist, wird allmählich ad acta gelegt. Es geht von vorn los, quasi eine neue Zeitrechnung, an der neben den altgedienten „Ultras Chemnitz“ weiterhin andere Gruppe konstruktiv mitmischen. Wenige Tage vor dem Spiel gegen Osnabrück besuchte die „Ultra Bande Karl-Marx-Stadt“ das Trainingsgelände und hinterließ die Botschaft: „Ihr neuen Spieler lasst Euch sagen: Unseren Club müsst ihr im Herzen tragen – Viel Erfolg 2013/14!“ 

Und das ist längst noch nicht alles: Im Sommer gründete sich zudem wie aus dem Nichts die Gruppe „Contra Cultura Chemnitz“, deren Namen – auch wenn es online zumeist schwammig formuliert ist – nicht das bedeuten soll, was er ausdrückt: vollkommen gegen etwas zu sein. Vielmehr seien stilistische Gründe für die Namensgebung ausschlaggebend gewesen: „CCC“ lautet die Abkürzung, die, wer genau hinblickt, erste negative Assoziationen hervorruft. Und auch der Umstand, dass einschlägig bekannte Gesichter den jungen Kader anführen, wirkt nicht beruhigend. Die kaotiche Squadra, die vom himmelblauen Viruz befallen ist, sieht sich als Teil der Fanszene, welcher sich mit allen Stadionbesuchern arrangieren möchte, zumindest auf der einen Seite. Der Schein trügt jedoch: Gleichzeitig wollen sie auf der anderen Seite unabhängig von alten Strukturen und Mustern das Südkurvenfeld aufräumen. Für mich ein offensichtlicher Widerspruch, einer von vielen. Ferner begreift sich die Gruppen als Ansprechpartner: Ob Stress mit den Eltern, Liebeskummer, Probleme in der Schule oder im Beruf – die Contra-Gruppe hilft allen, die das wollen, mit Rat, Tat und Floskeln. Sowohl im als auch außerhalb des Stadions. Zu guter Letzt betrachtet man die klassische Ultra-Kultur äußerst skeptisch, als überholt. Teilweise möchte man darauf zurückgreifen, jedoch nicht immer und vor allem keineswegs dauerhaft. Wie es einem beliebt, wie der Wind Weht, je nach dem. Nietzsche schrieb einst: „In Wahrheit heißt etwas wollen, ein Experiment machen, um zu erfahren, was wir können.“ Die Ziele, die sich „Contra Cultura Chemnitz“ als neue Gruppe auf die Fahnen geschrieben haben, sind enorm. Sie schließen mit den Worten: „Dass dem so ist, werden wir zeigen, Worte sind an dieser Stelle oft nur wenig wert.“

Zum Auftakt gegen den VfL Osnabrück positionierte man sich in der Südkurve, wenige Meter neben den Ultras, hinter ihrem sechs Meter Banner, welcher an den Wellenbrecher befestigt wurde. Dahinter standen sicherlich an die 30 Leute; wie groß der Kreis derer ist, die sich dem Cultura-Glauben angeschlossen haben, lässt sich nicht beziffern, weil ab und an befreundete Kameraden die Gruppe unterstützen. Aktuell dürften es mehr als 50 Leute sein, was allerdings, so der gegenwärtige Trend, noch nicht das Ende der Fahnenstange zu sein scheint. Ultras und Dunstkreis standen – wie immer – unter der Anzeigetafel und präsentierten, da die geplante Choreografie nicht erlaubt wurde, diverse Doppelhalter und Fahnen. Trotz der Absage stehen keine neuen Probleme ins Haus. 

Sie war wieder da, sie kehrte zurück, die Stimme, von Walze, als Capo. Er hatte Bock, alle hatten Bock, auch die CCC hatten Bock, alle waren motiviert, nur klappte es zu selten, dass gemeinsam gesungen wurde. An dieser Stelle betone ich: Es herrschte weder Harmonie noch Feindseligkeit, es waren vielmehr eine friedliche Koexistenz und irgendwie auch, ein Anfang, weil man deutlich sah, dass die Chemnitzer Szene, wenn sie will und vor allem gemeinsam an einem Strang zieht, Potential hat. Um dies schlussendlich realisieren zu können und – damit verbunden – Aachener Verhältnisse zu vermeiden, bedarf es noch einiger Gespräche. Wenn es nur nicht das Zünglein an der Waage gebe, bestünde mehr Hoffnung…
 
Letztendlich eint uns: die Liebe zu einem Verein, und dieser spielt in den Farben himmelblau und gilt dieses Jahr als absoluter Aufstiegskandidat. Allerdings gab es nach drei Minuten den ersten Rückschlag, mit dem keiner so wirklich gerechnet hat. Grimaldi setzte sich gegen Landeka durch und nickte zur frühen Führung ein. Vorher hatte es eine Verkettung unglücklicher Umstände gegeben. Den 300 Osnabrücker Fans, die ebenfalls mit Doppelhaltern und Fahnen zu Beginn der Partie wedelten, war es egal. Sie jubelten, waren erfreut, sangen. Die Südkurve reagierte entsprechend. Für das erste Heimspiel ist es ein solider Start gewesen, hinsichtlich der Leute, die im Block standen, zu wenig. Die Himmelblauen gerieten direkt unter Zugzwang, mussten reagieren, versuchten es, waren aber viel zu einfallslos, zu schwach, ohne Ideen. Ein Freistoß von Garbuschewski ging am langen Pfosten vorbei und kurz vor der Pause konnte der Osnabrücker Schlussmann einen Pfeffer-Schuss parieren. Der Ausgleich wäre es aber so oder so nicht geworden, weil sich kurz zuvor Förster einen Blackout leistete. Ohne Not  nahm er im eigenen Strafraum die Hand zur Hilfe. Elfmeter, der aufreizend lässig via Lupfer in die Mitte verwandelt wurde, Pentke sprang in eine Ecke.

Die erste Hälfe war schon schlimm, und auch nach dem Seitenwechsel wurde es nicht besser: Zum einen verletzte sich Bankert nach einem Kopfduell, Wachsmuth ersetzte ihn. Ferner leistete sich ein übermotivierter Garbuschewski zwei Fouls. Nach nicht einmal einer Stunde musste er den Platz verlassen. Mit zehn Mann wurde es nicht einfacher, und nach dem 0:3 erst Recht nicht. Gegen clever auftretende Osnabrücker hatte man kaum Chancen. Kegel versuchte es mit einem Schuss, Wachsmuth mit einem Kopfball – bei beiden Gelegenheiten musste der Torwart nicht eingreifen. Nach so einem Spiel kann ich keinen Spieler loben bzw. hervorheben. Man siegt zusammen, man verliert zusammen. Auf dem Rängen blieb es danach ruhig, einzig die Gäste aus Niedersachsen feierten im Rock’n’Rolla-Style…

Es war der erste Spieltag: Lieber jetzt einen Schuss vor den Bug als später. Nächste Woche geht es gegen die Spielvereinigung Unterhaching, wo wir in den letzten beiden Jahren verloren haben, muss es anders werden, wenn es besser werden soll.
„Ewige Treue“ schwören wir Dir, Fussballklub Karl-Marx-Stadt – Deswegen reisen wir mit Dir nach Unterhaching…

„Ich lese Briefe,
Schmeiß sie weg!
Verkrieche mich in mein Versteck,
Vor dem Fenster steht eine Uhr,
Zählt die dunklen Stunden nur!

Auf die Straße und zurück.
Montag, Dienstag:
Passion Week!
Durch Ginster werde ich angeschaut,
Mit der Pflanzenwelt vertraut.
Ich höre was der Ostwind sagt:
Höllenfahrt am Nachmittag...“


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